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8b Beratungsagentur

Steuerliche Behandlung von Mitarbeitermahlzeiten in stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe

Steuerliche Behandlung von Mitarbeitermahlzeiten in der Kinder- und Jugendhilfe – Mahlzeiten in Betreuungseinrichtungen

Immer wieder erreichen uns Anfragen zur steuerlichen Behandlung von Mitarbeitermahlzeiten in stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Deshalb möchten wir hier einen Überblick über die wichtigsten Aspekte geben. Die gemeinsame Einnahme von Mahlzeiten ist in vielen dieser Einrichtungen ein integraler Bestandteil der pädagogischen Arbeit. Die Träger müssen daher sicherstellen, dass diese Praxis steuerrechtlich korrekt gehandhabt wird. Dieser Artikel beleuchtet relevante Gerichtsurteile und Anforderungen, die für die Beurteilung der Steuerfreiheit solcher Mahlzeiten wichtig sind.

Grundsatz: Wann stellen Mahlzeiten einen geldwerten Vorteil dar?

Mahlzeiten, die ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitenden unentgeltlich oder verbilligt zur Verfügung stellt, gelten grundsätzlich als geldwerter Vorteil und unterliegen der Steuerpflicht gemäß § 8 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG). Das liegt daran, dass die Verpflegung als Sachbezug zum Arbeitslohn zählt. Allerdings gibt es Ausnahmen, insbesondere wenn ein überwiegendes betriebliches Interesse des Arbeitgebers besteht.

Mahlzeiten als Bestandteil der Betreuung: Das betriebliche Interesse

In stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe ist das gemeinsame Essen oft mehr als nur eine Verpflegung – es ist Teil des pädagogischen Konzepts. Die Mitarbeiter nehmen an den Mahlzeiten teil, um die betreuten Kinder und Jugendlichen zu unterstützen, soziale Kompetenzen zu fördern und eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen. In solchen Fällen steht das betriebliche Interesse im Vordergrund, was die Möglichkeit einer steuerfreien Mahlzeitengestellung eröffnet.

Wichtige Urteile zur Steuerfreiheit von Mahlzeiten

Mehrere Gerichtsurteile haben Leitlinien für die steuerliche Behandlung von Mitarbeitermahlzeiten in Betreuungseinrichtungen formuliert:

  • BFH-Urteil vom 21. Januar 2010 (VI R 51/08): Der Bundesfinanzhof entschied, dass die unentgeltliche Verpflegung der Besatzungsmitglieder eines Flusskreuzfahrtschiffes ausnahmsweise keinen Arbeitslohn darstellt, wenn ein überwiegendes betriebliches Interesse des Arbeitgebers besteht. Dieses Urteil betont, dass die Verpflegung nicht als geldwerter Vorteil gilt, wenn sie aus überwiegend betrieblichem Anlass unentgeltlich oder verbilligt zur Verfügung gestellt wird. NWB Datenbank
  • FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 23. Januar 2012 (5 K 64/11): Das Finanzgericht entschied, dass die unentgeltliche Gestellung von Mahlzeiten an Betreuer eines Kinderheims keinen lohnsteuerpflichtigen geldwerten Vorteil darstellt, wenn die Teilnahme an den Mahlzeiten arbeitsvertraglich verpflichtend ist und der Überwachung sowie der pädagogischen Betreuung der Kinder dient. Dejure
  • Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 19. Februar 2009 (11 K 384/07): Das Niedersächsische Finanzgericht entschied, dass Mahlzeiten, die Mitarbeitenden aus überwiegend betrieblichem Anlass unentgeltlich oder vergünstigt zur Verfügung gestellt werden, keinen lohnsteuerpflichtigen Vorteil darstellen. Dies gilt insbesondere, wenn die Mahlzeiten zur Unterstützung der Betreuungsaufgaben und zur Förderung des Zusammenhalts in der Betreuungseinrichtung beitragen. (Urteil einsehbar bei NWB)

Voraussetzungen für die Steuerfreiheit

Diese Urteile unterstreichen, dass die Steuerfreiheit von Mitarbeitermahlzeiten möglich ist, wenn ein überwiegendes betriebliches Interesse vorliegt und die Mahlzeiten Teil des pädagogischen Konzepts sind. Um die Steuerfreiheit der Mahlzeiten zu gewährleisten, sollten folgende Punkte beachtet werden:

Überwiegendes betriebliches Interesse: Die Teilnahme der Mitarbeiter an den Mahlzeiten muss für die Erfüllung der Betreuungsaufgaben erforderlich sein. Dies sollte im pädagogischen Konzept der Einrichtung klar festgehalten sein.

Keine überwiegende Bereicherung der Mitarbeiter: Die Mahlzeiten dürfen nicht primär dem privaten Interesse der Mitarbeiter dienen, sondern das betriebliche Interesse muss im Vordergrund steht.

Dokumentation: Es ist essenziell, die pädagogische Notwendigkeit der gemeinsamen Mahlzeiten und das überwiegende betriebliche Interesse schriftlich zu dokumentieren. Die Dokumentation sollte folgende Aspekte enthalten:

  • Pädagogisches Konzept: Ein detailliertes schriftliches Konzept, das die Bedeutung der gemeinsamen Mahlzeiten für die pädagogische Arbeit erläutert. Darin sollte beschrieben werden, wie die Mahlzeiten zur Förderung sozialer Kompetenzen, zur Bildung von Gemeinschaftsgefühl und zur Unterstützung der Kinder und Jugendlichen beitragen.
  • Dienstanweisungen oder interne Richtlinien: Anweisungen oder Richtlinien, die die Teilnahme der Mitarbeitenden an den Mahlzeiten als verpflichtenden Teil ihrer Arbeitsaufgaben festlegen. Diese sollten klar darlegen, dass die Mahlzeiten integraler Bestandteil der Betreuung sind.
  • Stellenbeschreibungen: Aktualisierte Stellenbeschreibungen, die die Teilnahme an den gemeinsamen Mahlzeiten als Arbeitsaufgabe verankern.
  • Nachweise über die Umsetzung: Dokumentation der tatsächlichen Teilnahme der Mitarbeitenden an den Mahlzeiten, zum Beispiel durch Dienstpläne oder Anwesenheitslisten. Diese Unterlagen unterstützen die Argumentation eines überwiegenden betrieblichen Interesses.

Diese umfassende Dokumentation kann als wichtiger Nachweis im Falle einer steuerlichen Prüfung dienen und stärkt die Position der Einrichtung, dass die Mahlzeiten aus betrieblichen Gründen bereitgestellt werden.


Berücksichtigung im Leistungsentgelt

Die Bereitstellung von Mahlzeiten für Mitarbeitende verursacht Kosten, die in der Kalkulation des Leistungsentgelts berücksichtigt werden sollten. Eine korrekte Einbeziehung dieser Kosten in die Vergütung der erbrachten Leistungen ist essenziell, um die Finanzierung der Einrichtung zu gewährleisten. Unterstützung bei der optimalen Integration der Verpflegungskosten in das Leistungsentgelt kann helfen, sowohl steuerliche Vorteile zu nutzen als auch die wirtschaftliche Planung zu optimieren

Fazit

Die steuerliche Behandlung von Mitarbeitermahlzeiten in stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe erfordert sorgfältige Beachtung der gesetzlichen Regelungen und Rechtsprechung. Wenn die Mahlzeiten integraler Bestandteil der Betreuungsarbeit sind und ein überwiegendes betriebliches Interesse besteht, ist eine Steuerfreiheit möglich. Träger der Einrichtunggen sollten daher ihre pädagogischen Konzepte prüfen, die notwendigen Dokumentationen erstellen und gegebenenfalls anpassen, um steuerliche Risiken zu vermeiden.

Benötigt Deine Einrichtung Unterstützung bei der steuerlichen Behandlung von Mitarbeitermahlzeiten oder der Integration der Verpflegungskosten in Ihr Leistungsentgelt? Kontaktiere uns über unser Kontaktformular und lass uns ins Gespräch kommen.

Disclaimer

Dieser Artikel dient der allgemeinen Information und stellt keine steuerliche Beratung dar. Trotz sorgfältiger Recherche kann keine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben übernommen werden. Bei konkreten Fragen zur steuerlichen Behandlung von Mitarbeitermahlzeiten konsultiere bitte einen Steuerberater oder die zuständige Finanzbehörde.

Foto von Alexander Grey auf Unsplash

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