Mit dem Inkrafttreten des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) wurde die erforderliche Zuverlässigkeit von Trägern, die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe betreiben, gesetzlich festgeschrieben. Diese Regelung soll den Schutz von Kindern und Jugendlichen verbessern, indem sie sicherstellt, dass nur Träger, die dauerhaft die Anforderungen an den Kinderschutz erfüllen, entsprechende Einrichtungen betreiben dürfen.
Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. hat 2023 „Empfehlungen zur erforderlichen Zuverlässigkeit von Trägern nach § 45 SGB VIII“ veröffentlicht, die sich umfassend mit den Anforderungen an die Zuverlässigkeit von Trägern beschäftigen, die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe betreiben.
Begriff der Zuverlässigkeit
Die Zuverlässigkeit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der im Wirtschaftsverwaltungsrecht etabliert ist. Sie wird als die Fähigkeit definiert, eine genehmigte Tätigkeit ordnungsgemäß auszuführen. In der Kinder- und Jugendhilfe bedeutet dies, dass ein Träger strukturell und kontinuierlich kindeswohlsichernde Abläufe gewährleisten muss.
Die Zuverlässigkeit wird prognostisch bewertet. Ein Träger gilt als zuverlässig, wenn zu erwarten ist, dass er die genehmigte Tätigkeit ordnungsgemäß ausführt und keine Gefährdung des Kindeswohls zu befürchten ist. Beispiele für Unzuverlässigkeit sind im Gesetz genannt: nachhaltige Verletzung von Mitwirkungs- und Meldepflichten, Beschäftigung von Personen entgegen eines Beschäftigungsverbots und wiederholte Verstöße gegen behördliche Auflagen.
Verantwortlichkeit des Trägers
Träger sind natürliche oder juristische Personen, die rechtlich die Verantwortung für eine Einrichtung tragen. Sie müssen die organisatorischen, fachlichen und personellen Rahmenbedingungen schaffen, die notwendig sind, um das Wohl der Kinder und Jugendlichen sicherzustellen.
Zuverlässigkeit der verantwortlichen Personen
Die Zuverlässigkeit betrifft nicht nur den Träger als juristische Person, sondern auch die verantwortlichen Personen innerhalb der Organisation. Zweifel an der Zuverlässigkeit dieser Personen können zu einem Entzug der Betriebserlaubnis führen.
Konkrete Pflichten von Trägern
Auch wenn der Begriff der Zuverlässigkeit ein unbestimter Begriff ist und im Gesetzt „nur“ Beispiele genannt sind, für Fälle in denn eine Träger unzuverlässig ist, gibt es dennoch einige konkrete Pflichten für Träger von betriebserlaubnispflichtigen Einrichtungen.
1. Melde- und Mitwirkungspflichten (§§ 46, 47 SGB VIII)
Träger sind verpflichtet, bestimmte Ereignisse und Entwicklungen unverzüglich den zuständigen Behörden zu melden. Dies umfasst Vorkommnisse, die das Kindeswohl gefährden könnten. Zusätzlich müssen Träger die unternehmerische und fachliche Betriebsführung fortlaufend dokumentieren und diese Dokumentationen mindestens fünf Jahre lang aufbewahren.
2. Beschäftigungsverbot (§ 48 SGB VIII)
Träger dürfen keine Personen beschäftigen, die mit einem Beschäftigungsverbot belegt sind. Dies betrifft insbesondere Personen, die wegen bestimmter Straftaten nach § 72a Abs. 1 SGB VIII verurteilt wurden.
3. Auflagen und Weisungen (§§ 45 Abs. 4 und Abs. 6 SGB VIII)
Träger müssen behördliche Auflagen und Weisungen einhalten, die zur Sicherstellung des Kindeswohls erteilt werden. Wiederholte Verstöße gegen solche Auflagen können zum Entzug der Betriebserlaubnis führen.
4. Prüfung und Erteilung der Betriebserlaubnis (§ 45 SGB VIII)
Bei der Beantragung und während des Betriebs einer Einrichtung müssen die Träger nachweisen, dass sie alle gesetzlichen Anforderungen, einschließlich räumlicher, personeller und fachlicher Rahmenbedingungen, erfüllen.
Zusammenarbeit und partnerschaftliche Verantwortung
Die Empfehlungen des Deutschen Vereins betonen die Notwendigkeit einer engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und freien Trägern sowie den erlaubniserteilenden Behörden. Diese Zusammenarbeit ist entscheidend für die Prävention von Kindeswohlgefährdungen und die langfristige Sicherstellung des Kindeswohls in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe.
Eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Trägern und erlaubniserteilenden Behörden ist unerlässlich. Träger müssen Beratungsgespräche wahrnehmen und sich kooperativ zeigen. Die Verweigerung der Zusammenarbeit kann die Zuverlässigkeit infrage stellen.
Prüfungsablauf der Zuverlässigkeit
Der Prüfungsablauf der Zuverlässigkeit eines Trägers erfolgt in mehreren Stufen und beinhaltet eine sorgfältige Dokumentation aller relevanten Vorgänge und Ereignisse. Bei gravierenden oder wiederholten Verstößen gegen die Zuverlässigkeitskriterien kann die Betriebserlaubnis entzogen werden.
Fazit
Die gesetzlichen Anforderungen an die Zuverlässigkeit von Trägern in der Kinder- und Jugendhilfe sind klar definiert und beinhalten sowohl konkrete Pflichten als auch unbestimmte Rechtsbegriffe, die durch Beispiele und gerichtliche Auslegung konkretisiert werden müssen. Träger müssen nicht nur die gesetzlichen Rahmenbedingungen erfüllen, sondern auch eine konstruktive und transparente Zusammenarbeit mit den Behörden sicherstellen, um das Wohl der Kinder und Jugendlichen in ihren Einrichtungen zu gewährleisten.
Empfehlungen des Deutschen Vereins
Der Deutsche Verein empfiehlt, die Zuverlässigkeit eines Trägers insbesondere dort infrage zu stellen, wo gravierende und/oder dauerhafte Schwierigkeiten bestehen, die keine tragfähige Perspektive erkennen lassen. Es wird betont, dass der Prozess und das Zusammenwirken der Beteiligten im Zentrum der Bewertung stehen sollten, nicht nur die Einhaltung einzelner formaler Kriterien.
Die vollständige Einhaltung der Meldepflichten und die konstruktive Zusammenarbeit mit den erlaubniserteilenden Behörden sind wesentliche Bestandteile der Zuverlässigkeit und des Kinderschutzes in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe.
Die Empfehlungen des Deutschen Vereins gibt es hier.
Weiterführende Informationen
Unser zuvor veröffentlichter Artikel ergänzt diese Empfehlungen, indem er die praktischen Auswirkungen des KJSG auf die Betriebserlaubnis und die Praxis freier Träger beleuchtet.