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Einführung in die Entgeltverhandlung in der Jugendhilfe – Was Träger wissen müssen

Einleitung: Bedeutung der Entgeltverhandlungen in der Jugendhilfe

Die Jugendhilfe spielt eine unverzichtbare Rolle in unserer Gesellschaft. Sie unterstützt junge Menschen in ihrer Entwicklung, bietet Hilfestellung in schwierigen Lebenslagen und fördert ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Für die freien Träger und Leistungerbringer dieser wichtigen Leistungen stellt sich jedoch häufig die Frage der angemessenen Finanzierung.

Um qualitativ hochwertige Angebote bereitstellen zu können, benötigen Träger ausreichende finanzielle Mittel. Entgeltverhandlungen in der Jugendhilfe mit den öffentlichen Jugendhilfeträgern sind daher entscheidend, um die notwendigen Ressourcen für Personal, Infrastruktur und Weiterentwicklung zu sichern.

Dennoch unterschätzen viele Träger die Komplexität dieser Verhandlungen. Ohne fundiertes Wissen über die rechtlichen Rahmenbedingungen und ohne eine klare betriebswirtschaftliche Grundlage können sie schnell in die Defensive geraten, ihre Angebote nicht in der gewünschten Qualität anbieten oder gar in finanzielle Schieflage geraten.

Dieser Artikel erklärt die rechtlichen Grundlagen und verfahrenstechnischen Anforderungen der Entgeltverhandlung nach SGB VIII, betriebswirtschaftliche Analysen zur Entgeltkalkulation und gibt praxisorientierte Tipps für erfolgreiche Verhandlungsstrategien.

Inhalt

  1. Einleitung: Bedeutung der Entgeltverhandlungen in der Jugendhilfe
  2. Das SGB VIII als Grundlage für Entgeltverhandlungen in der Jugendhilfe
  3. Gesetzliche Grundlagen der Entgeltverhandlung nach SGB VIII
  4. Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen
  5. Verfahren und Anforderungen in der Entgeltverhandlung Jugendhilfe
  6. Entgeltkalkulation in der Jugendhilfe: Notwendigkeit einer fundierten Analyse
  7. Strategien für erfolgreiche Entgeltverhandlungen in der Jugendhilfe
  8. Fazit: Mit Wissen und Strategie zu erfolgreichen Entgeltverhandlungen

Das SGB VIII als Grundlage für Entgeltverhandlungen in der Jugendhilfe

Das Achte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) bildet die gesetzliche Grundlage für die Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland. Ein tiefgehendes Verständnis dieses Gesetzes ist für Träger unerlässlich, um ihre Rechte und Pflichten zu kennen und erfolgreich verhandeln zu können.

Das SGB VIII regelt nicht nur die Art der Leistungen, sondern auch die Rahmenbedingungen für deren Finanzierung. Es definiert, wie Vereinbarungen zwischen öffentlichen und freien Trägern gestaltet werden müssen und welche Kriterien dabei zu berücksichtigen sind.

Gesetzliche Grundlagen der Entgeltverhandlung nach SGB VIII

Leistungen der Jugendhilfe, auf die ein Rechtsanspruch besteht, werden durch Leistungsentgelte finanziert. Diese Leistungsfinanzierung gilt für:

  • Hilfen für junge Volljährige nach § 41 SGB VIII
  • Hilfen zur Erziehung nach §§ 27 ff. SGB VIII
  • Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche nach § 35a SGB VIII
  • Hilfe für Mütter und Väter nach § 19 SGB VIII

Die Regelungen der Finanzierung finden sich für ambulante Leistungen in § 77 SGB VIII und für Leistungen in Einrichtungen in §§ 78a bis 78g SGB VIII.

Grundsätzlich geht es darum, einen bestimmten Preis für eine bestimmte Leistung festzulegen. Das geschieht bei ambulanten Leistungen in der Regel in Form von Fachleistungsstunden, bei denen ein Preis pro Stunde festgelegt wird. Bei stationären und teilstationären Leistungen werden Preise in Form von Entgelten festgelegt, die in der Regel pro Person und Tag als sogenannte Tagessätze vereinbart werden.

Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen

Damit der öffentliche Träger als Leistungsträger und der freie Träger als Leistungserbringer nicht in jedem Einzelfall über Leistungsinhalte und Kosten diskutieren und verhandeln müssen, schließen beide Partner vorab Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen ab. Darin wird unabhängig vom Einzelfall festgelegt, welche Leistung in welchem Umfang und welcher Qualität zu welchem Preis angeboten wird.

Die Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarung ist als Einheit zu betrachten, auch wenn es in der Praxis teilweise drei verschiedene Verträge sind. Man kann aber keine sinnvolle Entgeltvereinbarung abschließen, ohne dass feststeht, welche Leistung in welcher Qualität erbracht werden soll. Dies folgt insbesondere aus dem Grundsatz, dass die Entgelte leistungsgerecht sein müssen. Grundlage der Entgeltvereinbarung sind demnach Leistung und Qualität und nicht die in der Vergangenheit entstandenen Kosten.

Verfahren und Anforderungen in der Entgeltverhandlung Jugendhilfe

Insofern die Angebote der Hilfe zur Erziehung betriebserlaubnispflichtig sind, ergeben sich die notwendigen Inhalte der Leistungsbeschreibung zunächst aus der Betriebserlaubnis, die Mindeststandards für die Leistungsvereinbarung setzt. Die Standards der Betriebserlaubnis dürfen nicht unterschritten werden, da sie die Untergrenze zur Gewährleistung des Kindeswohls darstellen. Selbstverständlich dürfen die Standards überschritten werden, da die pädagogische Arbeit in der Regel über die bloße Gewährleistung des Kindeswohls hinausgeht

Die Anforderungen an die Betriebserlaubnis finden sich in § 45 SGB VIII.

Das Gleiche gilt auch für andere Vorgaben, zu deren Einhaltung der Leitungserbringer gesetzlich verpflichtet ist. Das können beispielsweise Vorgaben aus dem Arbeitszeitgesetz, aus dem Datenschutzrecht, Vorschriften für die Arbeitssicherheit und den Arbeitsschutz oder bauliche Vorgaben sein.

Die Anforderungen an die Leistungsbeschreibung sind in § 78c SGB VIII geregelt. Demnach müssen insbesondere festgelegt sein:

  • Art, Ziel und Qualität des Leistungsangebots,
  • die Zielgruppe,
  • die erforderliche sächliche und personelle Ausstattung,
  • die Qualifikation des Personals sowie
  • die betriebsunabhängigen Anlagen der Einrichtungen.

Die in der Leistungs- und der Qualitätsentwicklungsvereinbarung festgelegten Leistungs- und Qualitätsmerkmale sind Grundlage der Entgeltkalkulation (78c Abs. 2 SGB VIII). Die Entgelte müssen leistungsgerecht, wirtschaftlich und sparsam sein. Außerdem dürfen sie nur für einen zukünftigen Zeitraum abgeschlossen werden. Nachträgliche Ausgleiche oder Verrechnungen sind ausgeschlossen.

Beim Verfahren der Verhandlung sollten einige Grundsätze bekannt sein und berücksichtigt werden.

Aufforderung zur Verhandlung

Die Verhandlung über Leistung, Entgelt und Qualitätsentwicklung kommt nur zustande, wenn eine Partei schriftlich dazu aufgefordert hat. Das Erfordernis der Schriftform ergibt sich aus § 78g Abs. 2 SGB VIII.

Vorlage von Unterlagen

Sofern nicht vertraglich vereinbart, sind Vorgaben des örtlichen Trägers der Jugendhilfe bezüglich vorzulegender Unterlagen nicht bindend. Auch Listen von einzureichenden Dokumenten sind für den freien Träger nicht verpflichtend, sofern sie nicht auf gesetzlichen Regelungen basieren. Notwendig sind jedoch die Leistungs- und Qualitätsentwicklungsbeschreibung sowie in der Regel eine detaillierte Entgeltkalkulation, aus der hervorgeht, welche Kosten anfallen.

Kein Antragsverfahren

Obwohl der Begriff „Antrag auf Entgeltvereinbarung“ verbreitet ist, handelt es sich bei der Verhandlung nicht um ein Antragsverfahren. Stattdessen ist es eine Verhandlung gleichberechtigter Partner auf Augenhöhe. Einseitige Vorgaben wie „Das machen wir mit allen Trägern so“ oder „Darüber verhandeln wir nicht“ sind unzulässig und widersprechen dem partnerschaftlichen Verhandlungsgrundsatz.

Örtliche Zuständigkeit

Für den Abschluss der Vereinbarung ist der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe zuständig, in dessen Bereich die Einrichtung ihren Sitz hat (§ 78e SGB VIII). Bei Trägern mit dezentralen Strukturen kann der Sitz der Einrichtung vom Sitz des Trägers abweichen. Eine genaue Prüfung der örtlichen Zuständigkeit ist daher im Einzelfall notwendig.

Schiedsstelle

Kommt innerhalb von sechs Wochen nach Verhandlungsbeginn keine Vereinbarung zustande, kann gemäß § 78g SGB VIII die Schiedsstelle angerufen werden.

Da Vereinbarungen grundsätzlich nicht rückwirkend abgeschlossen werden dürfen (§ 78d Abs. 2 SGB VIII), können lange Verhandlungszeiträume für Leistungserbringer problematisch sein. Wird jedoch die Schiedsstelle eingeschaltet, tritt die Vereinbarung rückwirkend ab dem Zeitpunkt des Eingangs des Antrags bei der Schiedsstelle in Kraft. Dies ermöglicht es, finanzielle Nachteile durch Verzögerungen zu vermeiden.

Entgeltkalkulation in der Jugendhilfe: Notwendigkeit einer fundierten Analyse

Um die angebotenen Leistungen wirtschaftlich erbringen zu können, ist für Träger eine fundierte Entgeltkalkulation unerlässlich. Obwohl die Entgelte gemäß § 78c SGB VIII leistungsgerecht und nicht unmittelbar kostenbezogen sind, müssen sie dennoch die notwendigen Kosten der Leistungserbringung decken. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Träger die Leistung wirtschaftlich und nachhaltig anbieten kann.

Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gemäß SGB VIII

Gemäß § 78c Abs. 2 SGB VIII müssen die Entgelte für die Kinder- und Jugendhilfe so bemessen sein, dass sie die notwendigen Kosten der Leistungserbringung decken und dabei den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen. Dies bedeutet, dass keine überhöhten oder unangemessenen Ausgaben in die Kalkulation einfließen dürfen. Eine transparente Darstellung der Kostenpositionen fördert das Vertrauen in die Angemessenheit der Entgeltforderung und stärkt die Verhandlungsbasis gegenüber den öffentlichen Trägern.

Leistungsgerechte Entgelte

Die Entgelte müssen leistungsgerecht sein, was bedeutet, dass sie die Qualität und den Umfang der vereinbarten Leistungen widerspiegeln müssen. Ein höherer Qualitätsstandard oder ein größerer Leistungsumfang rechtfertigen demnach auch höhere Entgelte. Es ist wichtig, dass die Leistungsbeschreibung und die Entgeltkalkulation eng miteinander verknüpft sind.

Argumentation in Verhandlungen

Eine fundierte betriebswirtschaftliche Analyse stärkt die Verhandlungsposition eines Trägers durch sachlich fundierte Argumente, die die Höhe des Entgelts plausibel machen. Die folgenden Aspekte sind dabei entscheidend:

  • Transparenz: Eine detaillierte Offenlegung der Kalkulation – die geplanten Kosten, die Art und Notwendigkeit jeder Position – hilft, Einwände hinsichtlich angeblich überhöhter Entgelte zu entkräften. Eine transparente Kalkulation ermöglicht es dem Verhandlungspartner, die Angemessenheit der Kosten nachvollziehen zu können und fördert Vertrauen in die sachliche Herangehensweise.
  • Notwendigkeit: Es ist essenziell, darzulegen, warum bestimmte Kosten unvermeidlich sind. Dazu gehören etwa gesetzlich vorgeschriebene Ausgaben, wie Sozialversicherungsbeiträge oder Kosten im Zusammenhang mit tarifvertraglichen Verpflichtungen für das Personal. Auch spezifische Qualitätsanforderungen oder gesetzliche Standards, wie sie in der Betriebserlaubnis oder im Qualitätsentwicklungsplan festgelegt sind, rechtfertigen bestimmte Kosten. Eine überzeugende Darstellung dieser Notwendigkeiten belegt, dass die kalkulierten Entgelte sachlich begründet und notwendig für die Leistungserbringung sind.
  • Vergleichswerte: Das Heranziehen von Branchenstandards oder Kosten von Vergleichseinrichtungen kann ein weiterer, gewichtiger Punkt in der Argumentation sein. Wenn Ihre Kalkulation im Vergleich zu anderen ähnlichen Einrichtungen und anerkannten Standards als angemessen betrachtet wird, stärkt dies die Verhandlungsposition. Vergleichsdaten helfen, den Kontext und die Marktüblichkeit der Kosten zu veranschaulichen und wirken entlastend auf die Darstellung der Entgelthöhe.

Praktische Tipps zur Erstellung der Entgeltkalkulation

  • Kostenrechnungssystem einführen: Ein geeignetes Kostenrechnungssystem, das die Zuordnung von Kosten zu bestimmten Leistungen präzise ermöglicht, ist unverzichtbar. Dies erleichtert es, genau zu erkennen, welche Kosten auf spezifische Leistungsbereiche entfallen und wie sich die Gesamtkosten aufschlüsseln. Durch die genaue Verteilung können Sie besser argumentieren, wie sich die Entgelte zusammensetzen und welche spezifischen Leistungen sie absichern.
  • Regelmäßige Aktualisierung: Die Kostenkalkulation sollte an veränderte Bedingungen, wie beispielsweise Tarifänderungen oder Preissteigerungen, kontinuierlich angepasst werden. So vermeidest Du Lücken in der Finanzierung, die durch unvorhergesehene Kostensteigerungen entstehen könnten. Eine aktuelle Kalkulation ist verlässlich und vermeidet, dass Deine Zahlen veraltet und damit weniger nachvollziehbar wirken.
  • Externe Unterstützung: Bei Bedarf kann die Hinzuziehung betriebswirtschaftlicher Berater wertvoll sein, um Ihre Analyse zu überprüfen und zu optimieren. Externe Fachleute können Kostenstrukturen prüfen, ineffiziente Bereiche identifizieren und sicherstellen, dass die Kalkulation umfassend und verhandlungssicher gestaltet ist.

Berücksichtigung zukünftiger Entwicklungen

Bei der Kalkulation sollten auch zukünftige Kostenentwicklungen berücksichtigt werden, denn nur bei unvorhergesehenen wesentlichen Veränderungen der Annahmen, die der Entgeltvereinbarung zugrunde lagen, können die Entgelte während eine laufenden Vereinbarungszeitraumes neu verhandelt werden (§ 78 d Abs. 3 SGB VIII).

  • Inflation und Preissteigerungen: Prognostiziere mögliche Preisentwicklungen für die nächsten Monate bzw. Jahre.
  • Gesetzliche Änderungen: Bleibe über gesetzliche Änderungen informiert, die Einfluss auf Deine Kosten haben könnten (z. B. Änderungen im Arbeitsrecht, neue Qualitätsstandards).
  • Strategische Investitionen: Plane Investitionen, die langfristig zur Effizienzsteigerung beitragen (z. B. Digitalisierung von Prozessen).

Strategien für erfolgreiche Entgeltverhandlungen in der Jugendhilfe

Verhandlungsvorbereitung

Eine erfolgreiche Verhandlung erfordert eine gründliche Vorbereitung, die weit vor dem eigentlichen Gespräch beginnt. Zunächst ist es entscheidend, die eigene Verhandlungsposition klar zu verstehen. Ermittle genau, welches Mindestentgelt erforderlich ist, um die Leistung wirtschaftlich erbringen zu können. Diese Zahl sollte auf einer fundierten betriebswirtschaftlichen Analyse basieren und die Kostenstruktur des Angebotes realistisch abbilden.

Da die Verhandlung mit dem örtlich zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe geführt wird, der nicht unbedingt selbst Interesse an der Inanspruchnahme Ihrer Leistungen hat, ist es wichtig, die gesetzlichen Rahmenbedingungen genau zu kennen. Der örtliche Träger ist gemäß §§ 78a ff. SGB VIII Vertragspartner für die Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen. Die fallzuständigen Jugendämter, die letztlich die Leistung für individuelle Fälle belegen, sind hingegen nicht Verhandlungspartner dieser Vereinbarungen.

Die Argumentation sollte daher auf den gesetzlichen Verpflichtungen des öffentlichen Trägers basieren. Verweise  auf § 79 SGB VIII, der den öffentlichen Träger zur Sicherstellung eines bedarfsgerechten Angebots verpflichtet. Mache deutlich, dass der Abschluss der Vereinbarung nicht nur in deinem Interesse liegt, sondern auch zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des öffentlichen Trägers beiträgt.

Bereite dich darauf vor, mögliche Einwände des öffentlichen Trägers zu antizipieren. Entwickle eine klare Argumentationslinie, die auf rechtlichen Grundlagen und betriebswirtschaftlichen Fakten basiert. Überlegee, wie du auf typische Verhandlungstaktiken reagieren kannst, beispielsweise wenn der öffentliche Träger auf fehlende Haushaltsmittel verweist oder Durchschnittswerte als Maßstab anführt.

Verhandlungsführung

In der Verhandlung selbst kommt es auf professionelle Kommunikation und strategisches Geschick an. Aktives Zuhören ist dabei ein zentrales Element. Es ermöglicht, die Position und Bedenken des öffentlichen Trägers vollständig zu verstehen. Durch gezieltes Nachfragen kannst du zusätzliche Informationen gewinnen und etwaige Missverständnisse klären.

Bleibe stets sachlich und respektvoll. Emotionale Reaktionen können die Verhandlung belasten und vom eigentlichen Ziel ablenken. Setze Überzeugungstechniken ein, indem du die Vorteile deiner Vorschläge für beide Seiten hervorheben.

Flexibilität ist ein weiterer Schlüsselfaktor. Während es wichtig ist, die eigenen Kernziele nicht aus den Augen zu verlieren, kann die Bereitschaft, alternative Lösungen zu diskutieren, den Weg für Kompromisse ebnen. Achte jedoch darauf, die Mindestanforderungen nicht zu unterschreiten.

Sei dir bewusst, dass öffentliche Träger manchmal Verhandlungstaktiken wie das Setzen von Zeitdruck oder das Verweisen auf Durchschnittswerte anwenden. Bleibe in solchen Situationen ruhig und halte an deiner sorgfältig vorbereiteten Argumentation fest. Betone die Besonderheiten der Leistungen des Trägers und warum allgemeine Durchschnittswerte nicht angemessen sind.

Nachbereitung

Nach Abschluss der Verhandlung ist die Dokumentation aller besprochenen Punkte und Vereinbarungen von großer Bedeutung. Fertige ein detailliertes Protokoll an und lassen es dem öffentlichen Träger zukommen. Dies stellt sicher, dass beide Seiten das Gleiche unter den getroffenen Absprachen verstehen und verhindert spätere Unklarheiten.

Bleibe in der Nachbereitung proaktiv. Setzen dich zeitnah mit dem Verhandlungspartner in Verbindung, um offene Fragen zu klären und die Umsetzung der Vereinbarungen voranzutreiben. Eine professionelle Nachbereitung zeigt dein Engagement und stärkt die vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Sollten die Verhandlungen nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben, ziehe in Betracht, professionelle Unterstützung hinzuzuziehen. Externe Berater oder erfahrene Kollegen können neue Perspektiven einbringen und helfen, festgefahrene Situationen zu lösen.

Fazit: Mit Wissen und Strategie zu erfolgreichen Entgeltverhandlungen

Die Entgeltverhandlungen in der Jugendhilfe stellen für freie Träger eine komplexe Herausforderung dar, die weit über das einfache Aushandeln von Preisen hinausgeht. Ein tiefgreifendes Verständnis der gesetzlichen Grundlagen des SGB VIII ist dabei unerlässlich. Die Regelungen in den §§ 78a bis 78g SGB VIII bieten den Rahmen für die Gestaltung von Leistungs-, Entgelt- und Qualitätsentwicklungsvereinbarungen und definieren das Verfahren sowie die Anforderungen, die es zu beachten gilt.

Ebenso entscheidend ist eine fundierte betriebswirtschaftliche Analyse. Nur durch eine genaue Erfassung aller notwendigen Kosten kann sichergestellt werden, dass die Entgelte die wirtschaftliche Erbringung der Leistungen ermöglichen. Die Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Kalkulation stärken die Verhandlungsposition und schaffen Vertrauen beim öffentlichen Träger.

Doch selbst mit umfassendem rechtlichem und betriebswirtschaftlichem Wissen bleibt die effektive Verhandlungsführung der Schlüssel zum Erfolg. Die Interessen von freien Trägern und öffentlichen Jugendhilfeträgern können unterschiedlich sein, weshalb es wichtig ist, die eigenen Verhandlungsziele klar zu definieren und die Strategien des Gegenübers zu erkennen. Eine sorgfältige Vorbereitung, professionelle Kommunikation und eine konsequente Nachbereitung sind dabei essenziell.

Freie Träger sollten sich bewusst machen, dass sie gleichberechtigte Partner in den Verhandlungen sind. Durch die Kenntnis der eigenen Rechte und Pflichten, gepaart mit strategischem Geschick, können sie auf Augenhöhe agieren und für ihre Anliegen eintreten. Gegebenenfalls kann die Hinzuziehung von externen Experten sinnvoll sein, um die Verhandlungsposition zu stärken und zusätzliche Perspektiven einzubringen.

Insgesamt zeigt sich, dass erfolgreiche Entgeltverhandlungen ein Zusammenspiel aus rechtlichem Know-how, betriebswirtschaftlicher Kompetenz und strategischer Verhandlungsführung erfordern. Indem freie Träger diese Elemente gezielt einsetzen, können sie nicht nur angemessene Entgelte vereinbaren, sondern auch die Qualität und Nachhaltigkeit ihrer wichtigen Arbeit in der Jugendhilfe sicherstellen.

Letztendlich profitieren davon nicht nur die Träger selbst, sondern vor allem die jungen Menschen, die auf qualitativ hochwertige Angebote angewiesen sind. Es lohnt sich daher, in fundiertes Wissen und strategisches Vorgehen zu investieren, um die Zukunft der Jugendhilfe aktiv und erfolgreich mitzugestalten.

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Literatur

Nachfolgende geben wir einige Tipps für Literatur, mit deren Hilfe du die einzelnen Themen des Artikels vertiefen kannst.

1. Recht

Wiesner, Reinhard / Wapler, Friederike (Hrsg.)
SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfe: Kommentar,
6. Auflage, 2022, Verlag C.H. Beck

Kepert, Jan / Kunkel, Peter-Christian / Pattar, Andreas (Hrsg.)
Sozialgesetzbuch VIII, Lehr- und Praxiskommentar
Nomos Verlagsgesellschaft, 8. Auflage, 2021

Münder, Johannes / Meysen, Thomas / Trenczek, Thomas (Hrsg.)
Frankfurter Kommentar SGB VIII
Nomos Verlagsgesellschaft, 9. Auflage, 2022

Diese Kommentare sind umfassende Nachschlagewerke zur Interpretation und Anwendung des SGB VIII und eignen sich besonders für Fachkräfte in der Jugendhilfe.

2. Finanzierung

 Beckmann, Janna / Meysen, Thomas / Reiß, Daniela / Schindler, Gila
Recht der Finanzierung von Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe
Auflage, Nomos Verlagsgesellschaft, 2014.

Dieses Buch bietet eine umfassende Analyse der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Finanzierung der Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland.

Bachert, Robert
Buchführung und Bilanzierung: Controlling und Rechnungswesen in Sozialen Unternehmen
2., vollständig überarbeitete Auflage, Beltz Juventa, 2017.

Das Buch richtet sich an Fachkräfte in sozialen Unternehmen und behandelt praxisorientierte Ansätze zur Buchführung und Bilanzierung in der Sozialwirtschaft.

Halfar, Bernd / Moos, Gabriele / Schellberg, Klaus
Controlling in der Sozialwirtschaft: Praxishandbuch
2., aktualisierte Auflage, Lambertus Verlag, 2020.

Dieses Praxishandbuch vermittelt fundierte Kenntnisse im Bereich Controlling und ist speziell für die Anforderungen in der Sozialwirtschaft konzipiert.

3. Verhandlung

Nasher, Jack
Deal! Du gibst mir, was ich will
Campus Verlag, aktualisierte und erweiterte Jubiläumsausgabe, 2023
ISBN: 978-3-593-51756-8

Dieses Buch bietet erprobte Techniken und psychologische Tricks für erfolgreiches Verhandeln, auch mit speziellen Tipps für Online-Verhandlungen.

Schranner, Matthias
Verhandeln im Grenzbereich: Strategien und Taktiken für schwierige Verhandlungen
Econ Verlag, 2013
ISBN: 978-3-430-20158-7

Schranner beleuchtet Verhandlungen unter schwierigen Bedingungen und zeigt, wie man auch in extremen Verhandlungssituationen erfolgreich bleibt.

Fisher, Roger / Ury, William / Patton, Bruce
Das Harvard-Konzept: Die unschlagbare Methode für beste Verhandlungsergebnisse
Deutsche Verlags-Anstalt, 2011
ISBN: 978-3-421-04598-9

Ein Klassiker der Verhandlungstechnik, der das Prinzip des sachbezogenen Verhandelns erläutert.

Fisher, Roger / Shapiro, Daniel
Erfolgreich verhandeln mit Gefühl und Verstand
Campus Verlag, 2006
ISBN: 978-3-593-37823-7

Dieses Buch kombiniert emotionale Intelligenz und klassische Verhandlungstechniken und zeigt, wie man auch schwierige Verhandlungen erfolgreich führt.

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