Das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) hat das Sozialgesetzbuch VIII (SGB VIII) erheblich reformiert und dabei auch die Anforderungen an freie Träger der Jugendhilfe deutlich verschärft. Insbesondere die Bereiche Kinderschutz und Partizipation bringen neue finanzielle und organisatorische Herausforderungen mit sich.
In unseren Beratungen stellen wir allerdings immer wieder fest, dass diese neuen Anforderungen offenbar mit einem Personalbestand abgedeckt werden sollen, der teilweise auf Standards beruht, die mehrere Jahrzehnte alt sind. Freie Träger der Jugendhilfe stehen immer wieder vor Problemen, die Stellenanteile der pädagogischen Leitung und des Fachpersonals anzupassen, obwohl die Anforderungen im Bereich des Kinderschutzes und der Partizipation erheblich gestiegen sind.
Im Folgenden werden die wichtigsten Aspekte beleuchtet.
1. Neue Anforderungen an den Kinderschutz
1.1 Weiterentwicklung der Kinderschutzkonzepte
Mit dem KJSG sind die Anforderungen an den Kinderschutz in Einrichtungen freier Träger erheblich gestiegen. Dies umfasst unter anderem die Entwicklung umfassender (Gewalt)schutzkonzepte, die sicherstellen, dass Kinder und Jugendliche in Einrichtungen der Jugendhilfe geschützt sind. Diese Konzepte müssen regelmäßig überprüft und aktualisiert werden, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden.
Die Verantwortung für die Entwicklung, Umsetzung und Überwachung dieser Schutzkonzepte liegt bei der pädagogischen Leitung. Um diese Aufgaben zu bewältigen, ist es unerlässlich, den Stellenanteil der Leitung deutlich zu erhöhen. Diese zusätzliche Kapazität ist notwendig, um regelmäßige Risikoanalysen durchzuführen, Maßnahmen anzupassen und sicherzustellen, dass alle Mitarbeiter entsprechend geschult werden. Ohne diese Erhöhung besteht das Risiko, dass die Konzepte nur formal, aber nicht wirksam umgesetzt werden.
1.2 Erhöhte Anforderungen an die Betriebserlaubnis
Die Einführung strengerer Kinderschutzstandards wird häufig durch verstärkte Prüfungen der Aufsichtsbehörden begleitet. Einrichtungen müssen sicherstellen, dass sie den Anforderungen entsprechen. Dies erfordert häufig interne Audits und externe Prüfungen in Bezug auf die Voraussetzungen für die Betriebserlaubnis, insbesondere im Bereich Kinderschutz.
Auch hier ist eine Aufstockung des Personalaufwands der pädagogischen Leitung notwendig. Diese muss die Prüfungen der Aufsichtsbehörden begleiten, vorbereiten und nachbereiten. Dazu gehört neben der Dokumentation auch die kontinuierliche Schulung des Personals. Hierzu ist es notwendig, bestehende Kommunikationsformate weiterzuentwickeln oder neu zu etablieren. Die regelmäßige Reflektion ziehen zudem eine Anpassung betrieblicher Abläufe an neue Erkenntnisse nach sich. Externe Beratung kann dabei unterstützen, Prozesse im Kinderschutz systemisch zu betrachten, zu reflektieren und weiter zu entwicklen.
2. Beteiligungsgremien und ihre Finanzierung
2.1 Förderung der Selbstvertretung und Beteiligung
Das KJSG betont die Bedeutung der Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen. Selbstvertretungsgremien müssen gestärkt und aktiv in Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Diese Gremien benötigen angemessene Ressourcen, um effektiv arbeiten zu können, einschließlich Räumlichkeiten, Materialien und die Unterstützung durch pädagogisches Fachpersonal.
Um diese Partizipationsprozesse wirksam zu gestalten, ist es aus unserer Sicht notwendig, den Stellenanteil der pädagogischen Leitung zu erhöhen. Die pädagogische Leitung trägt die Verantwortung dafür, dass diese Gremien effektiv arbeiten und ihre Beschlüsse in den Alltag der Einrichtung integriert werden. Die Leitung muss sicherstellen, dass die Beteiligungsprozesse strukturell verankert sind und nicht nur als formale Pflichtübung verstanden werden. Dies umfasst die kontinuierliche Unterstützung der Selbstvertretungsgremien, die Moderation von Entscheidungsprozessen und die Vermittlung zwischen den Kindern und Jugendlichen sowie der Einrichtung. Ohne zusätzliche Kapazitäten ist es der pädagogischen Leitung kaum möglich, diesen Anforderungen gerecht zu werden.
2.2 Pädagogische Begleitung der Beteiligungsprozesse
Die aktive Beteiligung von Kindern und Jugendlichen setzt voraus, dass diese Prozesse pädagogisch und organisatorisch begleitet werden. Dies bedeutet, dass qualifiziertes Fachpersonal die Kinder und Jugendlichen bei der Ausübung ihrer Rechte unterstützt und sie in die Lage versetzt, ihre Anliegen wirksam zu vertreten.
Zeitkontingente und Aufgaben:
- Vorbereitung und Moderation von Sitzungen: Etwa 2-3 Stunden pro Woche für die Planung der Tagesordnung, die thematische Vorbereitung und die Moderation der Diskussionen.
- Schulung und Unterstützung der Mitglieder: 1-2 Stunden pro Woche für die Vermittlung von Kenntnissen über demokratische Prozesse und die Unterstützung bei der Formulierung von Anträgen.
- Dokumentation und Kommunikation: 1-2 Stunden pro Woche für die Protokollierung und Kommunikation der Ergebnisse sowie die Unterstützung bei der Umsetzung der Beschlüsse.
Zusätzlich müssen regelmäßige Workshops und Schulungen organisiert werden, um die Partizipationskompetenzen der Kinder und Jugendlichen kontinuierlich zu stärken. Dies ist entscheidend, um sie langfristig in die Lage zu versetzen, ihre Rechte selbstbewusst und eigenständig zu vertreten.
Fazit
Die Reformen des KJSG stellen höhere Anforderungen an die Praxis der freie Träger der Jugendhilfe, insbesondere im Kinderschutz und bei der Förderung der Partizipation. Eine Erhöhung des Stellenanteils der pädagogischen Leitung sowie eine gezielte pädagogische Begleitung der Beteiligungsprozesse durch Fachkräfte sind daher unerlässlich. Diese Maßnahmen sind nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern auch entscheidend für die langfristige Sicherung der Qualität in der Jugendhilfe.
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